Turnfahrt 2016 im Elsass

Wie immer überpünktlich nach guter Schweizer Art konnte Dieter – unser Traditionschauffeur – das Gaspedal betätigen und sich mit 23 „Mannen“ um 7.39 Uhr, also mit exakt 6 Minuten Vorsprung auf die offizielle Tabelle auf den Weg machen. Der Weg führte uns über die deutsche A5 und später nach Überquerung der Grenze nach Frankreich zur Auberge du Grenadier in Marckolsheim, unweit von Sélestat. Dort gab es auch nach altem Brauch die erste Zwischenverpflegung in Form von Café et Croissants (keine Gipfeli, sondern Riesengipfel). Die hatten wir Christoph zu verdanken, der uns alle zu diesem feinen Znüni eingeladen hatte. Auch an dieser Stelle ganz herzlichen Dank.

Nach dieser Stärkung bestiegen wir kurz den Bus, der uns zum Ausgangspunkt der ersten Flachwanderung durch den Illwald führte. Menschen sind wir auf diesem Wanderweg kaum begegnet, aber dafür einigen Störchen, die uns zuerst stoisch beobachteten, um sich dann später doch noch ängstlich davonzumachen. Nach ca. 1½ Stunden Marschzeit gelangten wir immer noch im Illwald zum Punkt Chapelle du Chêne (Kapelle zur Eiche), wo uns ein Apéro mit allem Drum und Dran angeboten wurde. Dort gab es sogar einen Unterstand, der uns im Bedarfsfall ermöglichen sollte, den Apéro im Trockenen zu geniessen. Wie man sieht, haben unsere Organisatoren an alles gedacht. Danach fuhr uns Dieter bis nach Sélestat, wo wir unser Mittagessen aus einem Stück Quiche Lorraine, geschnetzeltem Truthahn und Teigwaren bestanden hatte. Nun ging die Reise weiter…und inzwischen sind bereits die ersten Regentropfen gefallen. Wir wurden nach Ribeauvillé geführt und hier bei diesem wunderschönen, gepflegten Städtchen hatten die Wettermacher kein Gehör für uns. Die Schleusen wurden geöffnet, und so war es äusserst schwer, gute Erinnerungsfotos mit nach Hause zu retten. Der Regen zum Trost dauerte nicht lange, sodass wir den Rest des Wanderprogramms ziemlich trocken hinter uns bringen konnten. Nach getaner „Arbeit“ chauffierte uns Dieter ins Städtchen Barr, wo wir programmgemäss gegen 16.30 Uhr zur Weinprobe bei der Familie Stoeffler eintrafen. Interessant war zu erfahren, dass hierr Bioweine produziert werden. Das heisst – gemäss Herrn Stoeffler senior – dass.Trauben nur im absoluten Notfall mit Pestiziden bespritzt werden dürfen und beim Wein sehr zurückhaltend mit Schwefel gearbeitet wird. Es wurden einige Kartons gekauft. Nach dieser ausgiebigen Weinprobe brachte uns Dieter – dem Armen blieb nichts anderes übrig also uns dabei zuzuschauen – in unser Nachtlager, ins Hôtel-Restaurant du Château d’Andlau, ein Gourmet-Restaurant in Barr.

Und hier beginnt eine neue Geschichte: Kaum angekommen, wurden wir dahin informiert, dass seit kurzem praktisch kein Wasser im Hause verfügbar sei. Zum Kochen der Speisen würde aber genügend Wasser vorhanden sein. Es lag an einer defekten zentralen Pumpstelle im Dorf und das ausgerechnet an einem Samstag. Also an Duschen und sonstige Körperpflege war nicht zu denken. Dramatisch für uns war die Situation sicher nicht, da wir nicht allzu stark geschwitzt hatten. Das Wochenende war eher auf der milden als auf der heissen Seite. Trotzdem: es wurde allen wieder einmal bewusst, wie selbstverständlich wir es erachten, dass wir jederzeit und überall auf Knopfdruck fliessendes warmes und kaltes Wasser verfügbar haben und wie wichtig diese Flüssigkeit in unserem Alltag wirklich ist. Im Laufe des Abends tropfte wieder etwas Wasser durch die Röhren. Das reichte mindestens zum Händewaschen und Zähneputzen.

Das Bedienungspersonal bestehend aus lediglich einer Dame und einem Herrn schien echt gestresst, lese gar überfordert zu sein, denn die Pausen zwischen den Gängen wurden ins Unendliche gezogen. Zwischen dem ersten und zweiten Amuse-bouche vergingen etwa 45 Minuten. Bis wir in den Genuss des marinierten Salms kamen dauerte es eine weitere ¾ Stunde, usw., usw. Kurzum wir sassen am Tisch von 20 Uhr bis über 23 Uhr. Bei einer Weinbestellung musste man unter Umständen auch bis zu eine ½ Stunde einrechnen, so dass es von Vorteil gewesen wäre, gleich zwei Flaschen auf einmal in Auftrag zu geben! Und noch dies: der servierenden Dame war es offenbar nicht gestattet, sich an eine Weinflasche heranzumachen, bzw. sie zu entkorken. Das war ausschliesslich die Domäne des Herrn. Auch diese „Arbeitsteilung“ trug wenig zur Beschleunigung der Bedienung bei. Die Qualität des Essens war hingegen ausgezeichnet. Daran gibt es nichts zu bemängeln. Schade ist nur, dass alles dermassen in die Länge gezogen wurde. Übrigens diese Zeilen sollten für unsere Organisatoren überhaupt nicht als Kritik betrachtet werden. Sie können nämlich gar nichts dafür. Die Restaurant-Leitung hat sich übrigens auf grosszügige Weise für die Unannehmlichkeiten entschuldigt, obschon auch sie keine Schuld trägt.

Am Sonntag ging es per Bus bei trockener und sonniger Witterung hinauf nach Haut-Koenigsbourg. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick in die tiefliegende Rheinebene. Das Schloss ist zurzeit sehr gut bewacht. Die Polizei ist überall präsent. Hier wird einem bewusst, dass in Frankreich der politische Ausnahmezustand herrscht. Gleich nach diesem Besuch wurden wir zum Ausgang der heutigen Wanderung geführt. Diese dauerte gute 2 Stunden und brachte uns langsam zurück in die Ebene, wo in einer Lichtung einerseits Dieter mit seinem Bus und anderseits ein weiterer Apéro auf die Sportmänner wartete. Danach fuhren wir gleich nach Bergheim zum Mittagessen in La Cour du Bailli. Hier genossen wir als Abschlussessen die berühmte Choucroute alsacienne, die hervorragend schmeckte. Und mit dem Fleisch und den Würsten wurde gar nicht etwa gespart. Hervorstechend in diesem Betrieb war die Serviertochter, die echte Freude an ihrem Beruf zeigte. Sie eilte ständig von einem Stockwerk zum andern, bediente uns mit viel Einsatz. Alles spielte sich so effizient ab, als ob die junge Dame den langsamen Service des Vorabends wieder gutmachen wollte! Die letzte Überraschung dieses „Zweitägigen“ beruhte auf der Stadtbesichtigung von Neu-Breisach. Da wurden wir von einem Mann im Originalkostüm von dazumal (ca. 1700er Jahre) empfangen, der uns die Geschichte des Ortes und seiner Festung humorvoll, aber auch mit einer Spur Ironie näher brachte. Dies war das kulturelle Schlussbouquet dieser Turnfahrt. Nach einem Zvieri mit feinem Kuchen führte uns Dieter sicher auf direkten Weg wieder zurück nach Therwil, wo wir um ca. 19 Uhr eintrafen.

Es bleibt mir hier nur noch dem Organisationsteam für seinen grossen Einsatz und Dieter, unserem Chauffeur für sein sicheres Fahren im Namen aller ganz herzlich zu danken. Dank ihnen konnten wir zwei wunderschöne Tage verbringen, die uns bestimmt noch lange in bester Erinnerung bleiben werden.

Willy Lützelschwab.

Fotos

Video